Programm 2024


Mittwoch, 21. Februar 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

S.E. Dr. Péter Györkös, Berlin, Botschafter Ungarns in Berlin „Dialog mit Ungarn“

Deutschland und Ungarn verbindet eine lange und wechselvolle Geschichte. Als Ungarn 1989 die Grenze zu Österreich öffnete, ermöglichte es vielen DDR-Bürgern die Flucht in den Westen. Damit leistete Ungarn einen entscheidenden Beitrag zum Fall der Berliner Mauer und zur deutschen Wiedervereinigung. Wie Helmut Kohl sagte: „Ungarn hat den ersten Stein aus der Mauer geschlagen”.

Doch in den letzten Jahren sind die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern immer schwieriger geworden. Die unterschiedlichen Auffassungen über die Migrationspolitik oder die Rolle der EU haben zu Spannungen und Kritik geführt. Gleichzeitig stehen Deutschland und Ungarn vor gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen, wie dem Krieg in der Ukraine und dem Konflikt in Israel.

Wie können Deutschland und Ungarn den Dialog wiederbeleben und die Zusammenarbeit stärken? Welche gemeinsamen Interessen und Werte haben sie? Wie können sie die historischen Erfahrungen nutzen, um die Zukunft zu gestalten?

Ein besonderer Anlass für den Dialog ist die bevorstehende Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Ungarn im Juli 2024. Ungarn wird dann für sechs Monate die Agenda und die Prioritäten der EU bestimmen. Wie wird sich das auf die Beziehungen zu Deutschland auswirken? Welche Ziele und Visionen hat Ungarn für die EU? Wie geht Ungarn mit den ständigen Vorwürfen der EU in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit um?

Neben den schwierigen und komplexen politischen Themen wird auch die leichtere, aber nicht weniger polarisierende Fußball-Europameisterschaft zur Sprache kommen. Wie steht es um die sportliche Konkurrenz zwischen den beiden Ländern, die sich bei der Europameisterschaft 2024 gegenüberstehen werden? Sind die Deutschen bereit, gegen die beste ungarische Mannschaft der letzten Jahre anzutreten?

Diese und andere Fragen werden mit dem ungarischen Botschafter Dr. Péter Györkös im „Dialog mit Ungarn“ diskutiert, der einen Einblick in die deutsch-ungarischen Beziehungen geben wird.




Mittwoch, 28. Februar 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

Dr. Melanie Barlai, wiss. Mitarbeiterin, Andrassy Universität Budapest „Das System Victor Orbán“

Im Rahmen des Vortrags werde werden verschiedene Aspekte des politischen Systems Ungarns aus einer innenperspektive beleuchtet. Unter der Leitfrage „Ist Ungarn eine Autokratie?“ werden historische Hintergründe wie Habsburgermonarchie, Gulaschkommunismus, Systemwechsel und Demokratisierung dargestellt, die für die aktuellen Entwicklungen in Ungarn von großer Bedeutung sind. Weiter wird das „illiberale Staatskonzept Viktor Orbán´s“ diskutiert, das seit 2010 zu einem grundlegenden Systemumbau geführt hat.




Mittwoch, 13. März 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

Gerhard Radtke, Obernkirchen, Lehrer i.R., Autor „Ungarische Geschichte, zwischen Realismus und Mythologie“

Wer sich der über tausendjährigen Geschichte Ungarns nähert, der bemerkt rasch, welche geradezu mythologische Bedeutung bestimmten Ereignissen im kollektiven Gedächtnis vieler Bewohner des Landes zugeschrieben wird. Deshalb wird entlang dieser für Ungarn so bedeutenden historischen Phänomene der Vortrag die dramatischen Einschnitte und Veränderungen, aber auch die überdauernden Konstanten genauer beleuchten, um einen realistischen Blick auf eine verklärte Historie zu ermöglichen.

Dies scheint umso wichtiger, als die gegenwärtig herrschende Autokratie in Ungarn sich eifrig der nationalen Mythologie bedient, um ihren Herrschaftsanspruch über den Tag hinaus auf lange Zeit zu legitimieren und eine kritische, auch selbstkritische Auseinan-dersetzung mit der ungarischen Geschichte mit allen gesetzlichen, administrativen und personalpolitischen Mitteln zu verhindern.

Am Ende des Vortrags mögen die Zuhörerinnen und Zuhörer beurteilen, ob Imre Kertesz' Tagebuchnotiz vom April 1990 auch heute noch ihre Berechtigung hat: „Ungarn hat sich vom Bolschewismus befreit, aber nicht von sich selbst.“




Mittwoch, 03. April 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

Peter Heil, Budapest, internationaler. Sekretär der demokratischen Koalition (DK) in Ungarn. Die DK definiert sich selbst als sozialdemokratisch und wurde vor kurzem in die PES aufgenommen. „Opposition in einem autokratisch beherrschten Staat“

In den ´90er Jahren wurde Ungarn als ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation vom Kommunismus betrachtet. Auf den lang ersehnten Beitritt in die europäische Union folgten turbulentere Jahre, die 2010 in die erneute Machtübernahme von Viktor Orbán und seiner FIDESZ Partei mündeten. Heute gilt Ungarn als ein äusserst schwieriger Partner in Europa. Orbán steht seit mehreren Jahren in der Kritik der EH-Institutionen. Das EU-Parlament hat September 2022 sogar beschlossen, das Orbáns System keine Demokratie mehr sei. Außerdem stellt sich Orbán oft gegen die Mehrheit der Mitgliedsländer, sogar in Grundsatzfragen, und steht im Verdacht ein enger Verbündeter Vladimir Putins zu sein. Die Wirtschaftsentwicklung bleibt hinter dem der Nachbarländer zurück, das Schulsystem und das Gesundheitswesen stecken in der Krise. Die Opposition war bei den drei letzten Parlamentswahlen trotzdem nicht in der Lage Orbáns Mehrheit im Parlament zu brechen. Wie lässt sich die Situation in Ungarn erklären?

Wie Funktioniert Orbán´s Regierungssystem im Alltag? Wie steht es um die Presse und der Zivilgesellschaft? Wie kann die demokratische Opposition noch arbeiten, und welche Hoffnung hat sie zur Macht zurückzukehren? Welche Rollen spielen dabei die Europäische Union, und Deutschland, als wichtigster Wirtschaftspartner des Landes?




Mittwoch, 24. April 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

Prof. Dr. Pawel Karolewski Breslau/Leipzig, Politologe Universität Leipzig „Die Visegrád-Connection: eine Herausforderung für Europa“

Die vier Staaten der sogenannten Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn traten in jüngerer Vergangenheit immer wieder als gemeinsamer Akteur innerhalb der EU-Institutionen in Erscheinung. Zudem ist seit etwa 2010 ein Trend zum Autoritarismus in diesen Ländern sichtbar.in einigen Länder der Region, wie etwa in Tschechien, konnte dieser umgekehrt werden, in anderen, wie Ungarn oder der Slowakei bleibt er stabil. Polen ist gerade dabei, den Abbau autoritärer Strukturen im Schnelltempo gehen.

In dem Vortrag wird es um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Visegrád-Staaten gehen. So hätten sich in allen vier Staaten in den vergangenen Jahren klientelistische Strukturen verfestigt – sei es durch die Vereinnahmung des Staates durch Regierungsparteien wie in Ungarn und Polen oder durch die instransparente Verbindung großer nternehmenskonglomerate mit politischen Eliten wie in Tschechien und der slowakei. Es wird erörtert, welche innenpolitischen Bedingungen es jeweils ermöglicht haben und welche Rolle dabei die EU gespielt hat. Zudem wird die Frage, wie eine aktive Zivilgesellschaft dem Trend zum Autoritarismus entgegengetretenist, aufgegriffen.




Mittwoch, 05. Juni 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

Roland Jacobsen(geb.Becker), aufgewachsen in Stadthagen – Ortslehrkraft an der Mercedes-Benz Schule, Kecskemét/Ungarn „Drei Jahre Ungarn und zurück - alles Orbán oder was?“ Ein Erfahrungsbericht“

Roland Jacobsen unterrichtet die Fächer Englisch und Sport an der Mercedes-Benz Schule in Kecskemét, Ungarn. Zusammen mit seiner Frau Lucie und ihren drei Kindern verließen sie im Juli 2021 den sicheren Hafen des Beamtentums und ihr Zuhause in Neustadt a. Rbg., um das dreijährige Abenteuer im Auslandsschuldienst zu wagen.

Der Ruf aus Ungarn war in Wirklichkeit der Startschuss für die interessantesten und herausfordernsten drei Jahre unserer Familie. Aus welchem Grund gingen wir diesen Schritt, der in unserem Umfeld nicht nur Zustimmung auslöste? Denn: Was hat man davon, gerade nach Ungarn zu gehen und dabei viele private und berufliche Vorzüge im Austausch für Ungewissheit und vielleicht sogar Risiken zurückzulassen? Viel Zeit für Kontemplation wie es sich wohl „bei Orban“ lebt, blieb nicht – Ausstieg, Umzug, Einstieg mussten in zwei Monaten realisiert werden.

Der Vortrag reflektiert – persönlich, ernsthaft, manchmal scherzhaft – den Weg in den Auslandsschuldienst, die Arbeit an der Mercedes-Benz Schule, unser Leben in der Stadt Kecskemét, die Rolle, die Mercedes dort spielt und nicht zuletzt die gesellschaftlichen und politischen Ereignisse, die das Leben und das Land in den letzten drei Jahren bewusst und unbewusst prägten. An gravierenden Begebenheiten mangelte es wahrlich nicht, fielen doch der zweite komplette Corona-Winter, der Überfall Russlands auf die Ukraine und der folgende Angriffskrieg, die Wiederwahl Orbáns im April 2022 und auch die Leichtathletik-WM im August 2023, welche als größtes in Ungarn ausgetragenes Sportereignis gilt, in unsere Zeit in Kecskemét.




Mittwoch, 24. Juli 2024

19.30 Uhr / Stift Obernkirchen Festsaal

Dr. Melanie Barlai, wiss. Mitarbeiterin, Andrassy-Universität Budapest „Roma in Ungarn: zwischen Identität und politischer Instrumentalisierung“

Die größte ethnische Minderheit in Ungarn sind die Roma, deren Zahl auf etwa 7000.000 (7% der Gesamtbevölkerung) geschätzt wird. Zwar hat Ungarn als ehemals bedeutender Teil eines Vielvölkerreiches eine lange Geschichte mit Minderheiten. Dennoch zieht sich der kulturalistische Zugang zur Minderheitenfrage durch die ungarische Geschichte. Die ungarische Minderheitenpolitik seit 2010 steht symptomatisch für den instrumentellen Charakter der ungarischen Minderheitenpolitik, die die Schwächsten der Gesellschaft für den eigenen Machterhalt missbraucht

Ziel des Vortrags ist es, den Hörern und Hörerinnen ein Bild über die Vergangenheit und die gegenwärtige Situation der Roma zu vermitteln und die Roma-politik der Regierung in einen politischen Kontext zu stellen.




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